Spielvorstellung: COPY von Aaron Shelton

Im Spiel COPY von Aaron Shelton spielen alle den Klon derselben Person und morgen ist der große Tag … Dass ich COPY einige Male gespielt habe, ist lange her, aber ich erinnere mich immer mal wieder gern daran. Ich nehme eine leichte Überarbeitung meiner deutschen Version zum Anlass, euch das Spiel vorzustellen.

COPY ist ein 200-Wörter-Rollenspiel aus der 200 Word RPG Challenge von 2015, das es immerhin ins Finale geschafft hatte. 2016 habe ich die erste Version der deutschen Übersetzung COPY – Ein Spiel mit Klonen erstellt. Während die Originalversion unterhalb der Wortgrenze liegen musste, tun dies meine Übersetzungen solcher Spiele nicht. Teilweise lasse ich es mir auch nicht nehmen, noch eigenes Zusatzmaterial beizulegen, in diesem Fall Würfeltabellen und Ideen für weitere Ausgangssituationen verschiedener Genres.

#Die Ausgangssituation

Der große Tag ist endlich da: der Abschlussball, dein Hochzeitstag, der Gefängnisausbruch. Allerdings wachst du auf und bist von Kopien deiner Selbst umgeben. Es müssen deine Klone sein, denn du bist sicher, dass du das Original bist. Das behaupten die anderen übrigens auch von sich.

Spielt den besonderen Tag aus und schaut, was passiert. Arbeitet ihr zusammen oder kommt ihr euch in die Quere?

Tja, was nun? Wie gehen die Mitspielenden, auch in ihrer Rolle als Klone, mit der Situation um? Allen ist die Tragweite des großen Tages bewusst, was immer es auch sein mag. Neben den beiden Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Gegeneinanderarbeitens gibt es übrigens auch noch eine Mischform: Zunächst wird zusammengearbeitet und ab einem gewissen Punkt fangen die Klone an, sich gegenseitig, einen nach dem anderen, „auszuselektieren“. So spielte es sich in meiner ersten Runde COPY nämlich aus. Bevor ich dazu komme, kurz zu den Regeln.

#Figurenerschaffung und Spielregeln

Da alle Mitspielenden die Klone ein und derselben Person sind, muss nur eine Figur erstellt werden. Gemeinsam werden Name, Alter und Geschlecht festgelegt sowie der Grund, warum der heutige Tag besonders ist.

#Persönlichkeitsmerkmale

Pro Klon werden auf separaten Stücken Papier oder in digitaler Form drei Persönlichkeitsmerkmale notiert, zum Beispiel mutig, leichtsinnig, hilfsbereit.

Tipp: Für eine umfangreiche Liste an Persönlichkeitsmerkmalen werdet ihr unter https://charaktereigenschaften.miroso.de/ (werbefinanziert; nicht meine Seite) fündig.

Alle ziehen für ihren Klon verdeckt eines der Merkmale und verwendet es im Spiel als Rollenspielhilfe.

#Die ultrakurzen Spielregeln

Würfelt 1W6, wenn ihr etwas Schwieriges versucht. Bei einem Ergebnis von 4 oder höher habt ihr Erfolg. Andere Klone können einen Bonus von +1 oder einen Malus von -1 auf so einen Wurf geben. Der Spieler, der gerade würfeln will, darf nicht ablehnen. Der maximale Bonus/Malus beträgt +2/-2.

Die Regeln sind derart kurz, dass sie auch ohne Probleme vor oder während des Spiels abgewandelt werden können: Wer die Erfolge etwas schwieriger machen möchte, kann beispielsweise festlegen, dass es einen Erfolg erst bei einer 5 oder 6 gibt. Oder es kann gesetzt werden, dass ein Klon Unterstützung zumindest natürlich ablehenen kann.

Spielt den besonderen Tag aus und schaut, was passiert. Arbeitet ihr zusammen oder kommt ihr euch in die Quere?

Was die Regeln lediglich andeuten, ist, dass es keine feste Spielleitung gibt – alle gestalten die Welt mit. Es ist nicht im voraus geregelt, wie mit Nichtspielerfiguren umgegangen wird, das verhandeln die Spielenden am besten untereinander vor Spielbeginn. Es ist bei erzählerisch orientierten Spielen meiner Erfahrung nach eh oft so, dass sie mehr Kommunikation und Absprache erfordern, weil nicht alles im Vorfeld ausreglementiert ist. Deshalb bin ich in der Wahl meiner Mitspielenden etwas genauer und spiele nicht mit Leuten, die sonst gerne das Regelsystem besiegen oder eine Simulation spielen wollen – das passt oft einfach nicht. Natürlich gibt es auch Leute, die mehrere Spielstile gut finden.

#Der große Tag: der Banküberfall

Es folgen meine Erinnerungen an meine erste Runde COPY. Ich erinnere mich nicht mehr an jedes Detail, aber ich weiß noch, dass die Runde im Berlin der 80er Jahre spielte und die Hauptfigur am nächsten Tag in Berlin einen Banküberfall durchziehen wollte, weil er das Geld ganz dringend für etwas brauchte. Die Bank nicht auszurauben, war keine Option.

Alle Klone fanden sich in einem Zimmer in Berlin wieder, wo sie sich zum ersten Mal begegneten. Die Mitspielenden entschieden sich dafür, Variationen in der Perönlichkeit einzubringen, die die Klone voneinander abgrenzbar machten. Einer stach etwas hervor, weil er großartig hippiemäßig rüberkam und ein anderer war sehr esoterisch unterwegs. Nach der ersten Überraschung einigten sich die Klone, dass sie den Banküberfall gemeinsam durchziehen wollten. Da stellte sich schon heraus, dass der Ton der Runde eher komödiantisch sein würde, was allen zupasskam.

Während des Banküberfalls gab es diverse Hindernisse zu überwinden und letztlich mussten die Klone ohne Beute vor der Polizei fliehen. Und da begann die Selektion. Einer nach dem anderen wurde in irgendeiner Form ans Messer geliefert, der vorletzte Übriggebliebene wurde kurzerhand aus dem fahrenden Fluchtauto getreten. Aber auch dem letzten Klon war es nicht vergönnt zu entkommen. Also waren am Ende alle entweder von der Polizei gekäscht oder umgebracht worden. Heh. :D

#Zusatzmaterial

#Szenario-Ideen

Ich finde Beispiele für verschiedenste Dinge eines Spiels meist hilfreich, deshalb hab ich mir noch vier Ausgangssituationen verschiedener Genres ausgedacht, aus denen Leute wählen können, wenn sie möchten. Ein Beispiel:

Die Klonrevolution (Science-Fiction, Drama) Du hast es von langer Hand geplant und heute ist der große Tag: Du wirst den Präsidenten der Intergalaktischen Föderation ermorden und damit die Klonrevolution auslösen.

Im Prinzip ist an Ausgangssituationen so gut wie alles denkbar, was einen irgendwie gearteten, wichtigen Tag angeht – egal wie folgenschwer oder banal er sein mag.

#Persönlichkeitsmerkmale

Es folgen noch drei Zufalls- bzw. Auswahltabellen mit jeweils sechs Persönlichkeitsmerkmalen und einen Link auf eine Website, die ich dazu hilfreich fand.

#Gedanken

Wir haben damals drei sehr kurzlebige Stunden gespielt und viel dabei gelacht – so viel tatsächlich, dass ich Kopfschmerzen vom Kichern bekam! Wir haben, obwohl die Regeln das eigentlich vorsahen, die meiste Zeit einfach erzählerisch entschieden, ob Handlungen zum Erfolg führten oder nicht.

Mir hat das Spiel viel Spaß gemacht. Es ist super einfach zu lernen, fordert die Spielenden allerdings, weil alle die Spielleitung sind. COPY ist vielseitig einsetzbar: vom düsterlichen „Misery-Porno“ (mag ich sehr) bis hin zum Bier-und-Bretzel-Gegacker. ICh würde es jederzeit wieder spielen.

#Download

Der Download zu COPY (PDF-Datei, 60 kB) befindet sich in meiner Nextcloud. Es kann sein, dass die Schrift in der Browseransicht mistig aussieht – bitte die PDF herunterladen, dann sollte es korrigiert sein.

 CC-BY-NC für die Textinhalte: Thorsten Panknin, 2023. Technisch ermöglicht durch Typemill.