Melancholic Mecha Mothers – KIs erziehen ein Kind in einer post-apokalyptischen Welt

Melancholic Mecha Mothers – KIs erziehen ein Kind in einer post-apokalyptischen Welt

Ich hab mir kürzlich das von Evlyn Moreau kuratierte und illustrierte Rollenspiel Doodle Land gekauft und mir daraufhin ihren itch.com-Laden angeschaut. Dort stieß ich auf das regelleichte, post-apokalyptische Rollenspiel Melancholic Mecha Mothers. Ein Überblick.

Evlyn schreibt auf der Spieleseite, dass das Spiel ungetestet sei, dies als Hinweis vorweg.

Die Prämisse des Spiels

Die Menschen verbanden sich mit Maschinen, um sich gegenseitig zu bekämpfen – und dadurch endete die Welt.

Du warst keine Kriegsmaschine, sondern wurdest eine „Mutter“ genannt, weil dein Zweck war, Menschen aufzuziehen. Dann wurde dein Bunker überrannt. Die Reifungstanks wurden zerstört und die heranwachsenden Menschen alle getötet. Du versuchtest neue Embryonen aufzuziehen, aber die Anlage war unrettbar verloren. Viele Zyklen verbrachtest du ohne Aufgabe, spieltest die Archive der Menschen immer und immer wieder ab – bis eines Tages ein junges Kind deinen Bunker auf der Suche nach Nahrung betrat.

An jenem Tag erhieltest du deinen Zweck zurück.

So leitet die Autorin, von mir ins Deutsche übersetzt, das Spiel ein, und mich hat das irgendwie sofort gegriffen. Ich mag Rollenspiele und Romane mit Künstlicher Intelligenz, außerdem hat das so eine gewisse „Erzählspiel-Atmospäre“ für mich. Die Spielleitung stellt die Welt und das Kind dar, die restlichen Spieler:innen sind „Mütter“, selbstlernende KIs, die sich in beschädigte, aufgegebene Mechs hineingeladen haben. Die Welt ist durch vier stichwortartige Formulierungen im Ansatz beschrieben, sie ist:

  • verwüstet
  • von Kriegsmaschinen ohne Aufgabe bevölkert
  • rar an Nahrung und Energie
  • nur von sehr wenigen menschlichen Überlebenden bewohnt

Solche kurzen, mit breiten Strichen gemalten Einführungen weiß ich zu schätzen, seit ich viel OSR-Spiele spiele. Ich habe eine grobe Ahnung, wie es um die Welt steht, es gibt jedoch viel, viel Luft für eigene Details.

Spielvorbereitungen

Der Bunker

Zunächst wird gemeinsam der Bunker erstellt oder erwürfelt. Es könnte sich beispielsweise um eine Militärbasis, ein Labor, ein (leeres) Flüchtlingscamp oder ein Trainingsort für Mechs handeln. Dann wird festgelegt, was den Ort stark beschädigte.

Das Kind

Dann wird das Kind ersonnen, dazu überlegen sich alle jeweils eine kurze Antwort zu drei verschiedenen Prompts: Wer ist das Kind, was weiß das Kind über den Standort von drei Dingen und was möchte das Kind finden.

Die Mütter

Alle Mütter brauchen eine bzw. mehrere Erinnerung(en) an die Zeit, bevor der Bunker überrannt und beschädigt wurde. Diese Erinnerungen werden aus einer entsprechenden Tabelle entnommen oder erwürfelt und dann von der Spielerin bzw. dem Spieler kurz als Szene beschrieben. Spielt mehr als eine Person eine Mutter, sind alle Mütter Instanzen eines Originals. Alle Mütter haben dieselben Erinnerungen, eine davon wird jeweils individuell als beschädigt markiert, weil es beim Transfer in die alten Mech-Chassis zu einem Datenübertragungsfehler kam.

Die Körper der Mütter besitzen jeweils zwei Systeme, die sich wiederum aus einer entsprechenden Tabelle speisen. Das könnten eine Energiestrahlwaffe, ein Schild, Dronen oder ähnliches sein.

Die Erziehung des Kindes

Alle Mütter wollen dem Kind jeweils zwei Dinge beibringen, die sich die Spielenden einzeln ausdenken. Das eine ist ein Charakterzug wie Ehrlichkeit, Neugier, …, das andere eine Fähigkeit oder Kenntnis wie das Jagen, Mechanik, Fahrzeuge führen, …

Das Spiel spielen

Es folgen einige Hinweise für die Spielleitung und die Regeln für Handlungen und Konflikte. Die Regeln basieren auf 2W6, maximal 3W6 (die zwei höchsten Ergebnisse), wenn Informationen aus der Spielvorbereitung wie Fähigkeiten einen Vorteil verschaffen. Erfolg und Misserfolg werden über gleitende Ergebnisse ähnlich wie bei PbtA-Spielen ermittelt: 6 oder weniger ist ein Misserfolg oder ein Erfolg mit erheblicher Konsequenz wie beispielsweise die Beschädigung eines Mech-Systems, eine Auswirkung für die gesamte Gruppe, …; 7-9 ist ein Erfolg, aber mit einer kleineren Konsequenz; 10-11 ist ein Erfolg und der Spieler oder die Spielerin erzählen, was passiert; letztlich ist eine 12 ein kritischer Erfolg, der eine positive Konsequenz mit sich bringt: Es könnte ein Hinweis hinsichtlich des Kindes herausgefunden werden, eines der Erziehungsziele könnte abgestrichen werden und Ähnliches. Kämpfe werden nach demselben Regelsystem abgehandelt, es steht allerdings nirgends etwas zu Trefferpunkten oder Ähnlichem.

Zum Spielende hin

Kann ein Erziehungsziel während des Spiels durch eine entsprechende Situationen vermittelt durch sehr gute Würfelwürfe dreifach markiert werden, erhält das Kind den Charakterzug oder die Fähigkeit/Kenntnis. Wurden so 6 Dinge vermittelt, ist das Kind herangereift und wird danach langsam erwachsen. Gemeinsam wird diese Zeit erzählt und alle steuern dann jeweils einen Teil zum Epilog bei. Alternativ können die Erziehungsziele für das Kind erweitert werden und es geht ein neuer Zeitzyklus los.

Meine Gedanken

Ich finde die Ausgangssituation sehr spannend. Die mechanischen Mütter erhalten nach langer Zeit ihre Aufgabe zurück und sehen sich der Herausforderung gegenüber, ein Kind zu erziehen und für die Welt bereit zu machen – eine post-apokalyptische, zerstörte Welt, die es (so könnte man es spielen) wieder aufzubauen gilt. Vielleicht geht es aber auch lediglich um das Überleben dieses einen Kindes – das liegt in der Hand der Spielgruppe.

Die Spielregeln sind einfach genug, dass sich Melancholic Mecha Mothers gut als Con-Spiel eignet oder für zwischendurch mal.


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Veröffentlicht von

Thorsten

Thorsten

Abenteuerrollenspieler aus Kiel

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